Für das Wochenende vom 6. bis 8. Februar wurde bereits Wochen vorher eine kleine Tour nach Ørlandet geplant - natürlich zum Tauchen. Zu acht wollten wir mit dem Boot auf dem Hänger entlang des Trondheimfjords nach Westen raus Richtung Meer fahren. Auf der Halbinsel Ørlandet zu der wir mit einer Fähre kommen sollten, gibt es einen Campingplatz, auf dem wir billig zwei kleine Hütten mieten konnten. Zu betauchen gibt es rund um Ørlandet neben den "üblichen" tollen Naturtauchplätzen mit viel Kelp und Fisch auch einige Wracks wie die DS Irma und die DS Seadler, die wir genauer unter die Lupe nehmen wollten.
In der Woche vor der Tour machten André und Kristian den Hänger klar - kein ganz leichtes Unterfangen, da zwei der vier Bremszüge defekt waren, die Bremsen selbst ausgetauscht werden mussten, die Lichtanlage nicht mehr funktionierte und die Halterungen der Radkästen auf beiden Seiten abgerostet waren. Glücklicherweise arbeitet Kristian als Mechaniker in einem großen Betrieb. Die hatten für ein paar Tage eine Hebebühne frei und alle Reparaturen konnten mit etwas Hilfe von einem Elektriker des Betriebs in Eigenregie durchgeführt werden.
... und dann kam "Ole". Das Sturmtief wurde ab Mitte der Woche mit großer Sicherheit auch in Trondheim beziehungsweise Ørlandet vorhergesagt. Schlagzeilen wie "25 Meter hohe Wellen am Wochenende" ließen uns unseren Plan noch einmal überdenken. Glücklicherweise liegt der Campingplatz den wir gebucht hatten im Lee und auch einige Tauchmöglichkeiten sollte es dort gemäß der Seekarten geben. Also einigte wir uns darauf das Boot in Trondheim zu lassen, die Tour aber dennoch durchzuführen.
Gesagt getan. Am Freitag Abend holte Ida uns und Magnus daheim ab. Ida kann sich für Sonntagstauchgänge normalerweise den Familien-Audi A6 leihen. Diesmal jedoch war nur der Familien-Toyota-Yaris drin. Zu viert fuhren wir dann mit vollendetem Formschluss im Wagen zum Sportgebäude, wo wir den Kompressor und unsere Flaschen in das Auto von Thomas verluden. Das sperrige Gepäck kam in Kristians Auto. Das lief alles recht zügig und bald machten wir uns auf den Weg nach Orkanger, wo wir uns mit allem Nötigen zum Essen und Trinken für die folgenden Tage eindeckten. Etwas gemeinschaftlicher als bei der letzten Tour wurde neben Abendessen auch das Frühstück zusammen geplant und gekauft. Nebenbei besorgten sich die meisten beträchtliche Mengen Bier, weil sie bereits befürchteten, wegen des Sturms überhaupt nicht erst aus dem Haus zu kommen. Von Oranger aus ging es weiter Richtung Küste. Im kleinen, nicht mehr so heftig beladenen Yaris, merkten wir dann ab und zu den heftigen Wind, der uns gut durchschüttelte. Nach einer Stunde endete die Straße an einem Fähranleger. Heftiger Wind und Wasser von allen Seiten (teils Schneeregen, teils Wellen, die über den Parkplatz geweht wurden) machten Aussteigen unmöglich, die Wartezeit aber sehr spaßig. Die anschließende Fährüberfahrt verbrachten wir im Aufenthaltsraum, weil niemand im Auto sitzen wollte, während es möglicherweise unkontrolliert über die Fähre rutscht. Leichte Gangschwierigkeiten und 45 Grad von der Wand abstehende Vorhänge auf der großen schweren Fähre offenbarten allen, dass es eine gute Idee war das kleine Tauchboot daheim zu lassen. Wenige Autominuten vom Fähranleger auf Ørlandet waren wir auch schon am Campingplatz angekommen und bekamen die Räumlichkeiten vom Besitzer gezeigt. Neben unseren beiden kleinen Hütten mit Heizung, hatten wir eine schöne große Küche im Gemeinschaftshaus, die fortan der Mittelpunkt unseres Aufenthalts werden sollte. Außerdem konnten wir die Sanitäranlagen des Campingplatzes komplett für uns alleine nutzen, sodass all unsere Tauchsachen schon trocken und frostgeschützt aufgegangen werden konnten. Nachdem die Autos ausgeladen und die Hütten bezogen waren, begannen wir das Abendessen vorzubereiten - Geschnetzeltes von Kristians selbstgeschossenem Elch. Hinterher war an Tauchen nicht mehr zu denken, der Wind nahm eher zu, die Gegend und das Gewässer ringsum war uns unbekannt, ebenso wie die Strömungen und dunkel war es bereits als wir am Sportgebäude in Trondheim losgefahren waren. Also ließen wir den Abend gemütlich im Gemeinschaftsraum ausklingen.
Am nächsten Morgen war "Ole" endgültig angekommen. Der Wetterbericht war nicht ganz akkurat und so fegte der Wind statt Regen eher Hagel und Schnee über das flache Ørlandet. Vom Abend zuvor sowieso noch etwas platt, gab es ein reichhaltiges Frühstück und erst anschließend gegen Mittag machten wir uns auf zum Tauchen. Anziehen konnte man sich noch schön im Warmen, in den Sanitärräumen, und wenn man erst mal im Trockenanzug war, war auch das zusammenbauen der restlichen Ausrüstung im Sturm kein Problem mehr. Ganz im Gegenteil: mit all der schweren Ausrüstung und der luftdichten Gummihülle um einen herum kommt man immer schnell ins Schwitzen. Letztendlich waren alle froh, als wir endlich ins Wasser konnten. Vor allem die erfahreneren Taucher mit ihren technischen Ausrüstungen (und zwei statt nur einer Flasche auf dem Rücken) waren froh, dass ihnen das Wasser endlich den Großteil des Gewichtes abnehmen konnte. So war es kein Wunder, dass die Gruppe der vier Erfahrenen bereits nach wenigen Momenten abgetaucht war, während wir noch unsere Checks machten und darauf warteten, dass auch bei Magnus und Ida alles klar war (die beide noch etwas weniger Praxis haben als wir). Als wir dann, weg vom Wind und dem Schnee, unter Wasser gingen empfing uns ein karibischer Sandstrand mit weißem Sand, der sehr langsam tief wurde, und gemütlicher Brandung. Eine ganze Zeit lang schwammen wir weg vom Ufer, während das Wasser einfach nicht tiefer wurde. Irgendwann mussten wir umschwenken, um gegen die Meerwärts zeigende Strömung zu schwimmen. Immer wieder gab es kleine bewachsene Steine zu sehen, die von Krabben, Krebsen, Schnecken oder Fischen bewohnt waren. Nach 45 Minuten drehten wir um und schwammen mit der Strömung landeinwärts, kamen dann aber Minuten später am nahe gelegenen Hafen raus. Dort tauchten wir wieder ab und ließen uns von der Strömung weiter zurück zum Einstiegspunkt treiben. Dort erwartete uns das etwas nervöse Team, das nicht damit gerechnet hatte, dass wir uns mit unseren Einzelflachen 75 Minuten unter Wasser rumtreiben können. Da sie es vor dem Tauchgang so eilig hatten, wurden auch keine Absprachen getroffen und die Differenz der Einstiegzeiten ließ Ihnen die Wartezeit nur noch länger vorkommen. Glücklicherweise waren wir dann ja wieder da, bevor jemand den Notruf gewählt hatte, aber für das nächste Mal sollte das allen eine Lehre gewesen sein, die sonst so üblichen Absprachen zu machen, auch wenn man nicht auf einer offiziellen Tour der Tauchgruppe der NTNU ist.
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Praktisch so ein Rastplätzchen - unser kleiner Sammelplatz. |
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Tauchen in Norwegen: fast immer ein Suchspielchen. Dafür freut man sich umso mehr wenn man es dann mal gefunden hat =) |
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Endlich Richtung Wasser. Was man nicht sieht: das gegenüberliegende Ufer des Fjordes in 1-2 km Entfernung. Wirklich schlechtes Wetter. |
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Rein in die Fluten und schnell abtauchen. Oben drückt der Wind heftig aufs Wasser und treibt den Schnee vor sich her. |
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Kleine Trollkrabbe und ungebetener Besucher auf karibischem Sandstrand. |
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Stolzer Besitzer eines Steines und einiger Algen auf der großen Sandfläche. |
Nach dem Tauchgang wurde "Sightseeing" ausgerufen und wir fuhren mit den Autos auf die Westseite der Halbinsel, wo sich der Wind ordentlich austobte. Ganz offenkundig hatten wir mächtig Glück auf der abgewandten Seite überhaupt ins Wasser zu können, da hier die Wellen mit ordentlich Wucht über die Kaimauern schlugen. Die vorhergesagten 25 Meter hohen Wellen gab es allerdings nicht auf Ørlandet, weil eine Reihe vorgelagerter Inseln Wellenbrecher spielten - vermutlich der einzige Grund warum Ørlandet überhaupt bewohnt sein kann.
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Von Wind und Wellen gebeutelter Leuchturm. |
Wieder zurück am Campingplatz wurde das Abendessen vorbereitet - Kammskjell mit Limetten und Käse angebraten und hinterher Tortellini mit Hühnchen - während André, Preben und Magnus noch einen kurzen Nachttauchgang machten. Während des Tauchgangs war viel mehr Fisch zu sehen als tagsüber, aber auch viel mehr Strömung, was zu einem deutlich kürzeren Tauchgang führte. Das anschließende Essen war wieder ganz hervorragend und über das Besäufnis, dem sich die Norweger anschließend hingaben wollen wir den Mantel des Schweigens ausbreiten.
Der nächste Morgen begann entsprechend spät, was aber auch kein Beinbruch war, da Ole immer noch vor sich hin wütete. Ein wieder sehr reichhaltiges Frühstück brachte alle recht zügig wieder auf die Beine und gemeinsam wurden die Hütten und Gemeinschaftsräume geputzt. Nachdem wir das Haus wieder an den Vermieter übergeben hatten, fuhren wir raus an die Süd-West-Spitze Ørlandets und machten uns dort auf zu einem Kammskjell-Tauchgang im immer noch zugigen Windschatten eines kleines Hügels. Im sanft abfallenden Sand und Schlammboden fanden sich auch tatsächlich einige Kammskjell, so dass wir gegen Ende des Kurztrips auch noch Material für ein gutes Abendessen verbuchen konnten.
Nach dem Zusammenräumen ging es auf die mehrstündige Heimfahrt, Verräumen der Ausrüstung im Sportgebäude und Öffnen der Kammskjell. Als es darum ging die Reste zu entsorgen, lehnte sich André sehr weit aus dem Fenster und schlug vor, dies in den riesigen Mülltonnen des Studentenwohnheims zu tun. Das wurde fast einstimmig angenommen, was dazu führte, dass wir zusätzlich zu 4 Personen und dem ganzen Tauchzeug auch noch ne Tüte Muschelinnereien in den Familien-Yaris packen mussten. In Zukunft denkt André wieder, bevor er was sagt ;) Glücklicherweise kam die Tüte heil in der Mülltonne und wir wieder daheim an. Ein paar Kammskjell wurden gleich gegessen, der Rest für später eingefroren.
Trotz "Ole" eine sehr gelungene Tour nach Ørlandet, die wir eventuell im Juni wiederholen wollen, um dann doch noch die beiden Wracks zu sehen.